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Roland Thein – Gerbrunn (Unterfranken)

Auszeichnung: 1998 – Bad Windsheim

Laudatio

Damit die Feinheiten und Vorzüge von der gepflechde Würzburcher Schbrach nicht in Vergessenheit geraten, gibt es Heiner. Seit über zwanzig Jahren grüßt der Charakterkopf in der Dienstags-Glosse der Welle Mainfranken und seit 1996 wöchentlich aus der Stadtseite der Main-Post, und ein Montag ohne seine Würzburcher Wörder wäre wie Erdbeern vonem Beed, des wo ned mit Rossbolle vom Gaul gedüngt worn is – ein bisschen fad halt.

Der »Heiner« ist übrigens und der Vollständigkeit halber der in der Sanderau aufgewachsene Würzburger Roland Thein aus Gerbrunn, der damit seine Kompetenz als wandelndes Würzburcher Wörderbuch zweifellos nachweisen kann. Obwohl es ihn als jungen Lokaljournalisten an die norddeutschen Gestade verschlagen hatte, widerstand er hartnäckig dem schlechten Einfluss der dortigen Sprache. Auch die langen bajuwarischen Anfechtungen als Mitarbeiter und Glossen-Sprecher des Bayerischen Rundfunks hat er schadlos überstanden. Und so kann sich Heiner heute im Ruhestand dem widmen, was ihm neben seiner Liebe zu den Pilzen und Vögeln in freier Natur und neben seinem Stammtisch im Ratskeller wichtig ist: der Pflege von dem schbezjelle Würzburcher Dialegd. Dabei werden hingebungsvoll oft schwerwiegende Fragen diskutiert, wie etwa das grundlegende Problem, ob Fisimadende e Würzburcher Word is und aus welchem Krieg unter französischer Beteiligung es entlehnt wurde.

Seine Dienstags-Glosse nutzt er als Gelegenheit, den Leuten alle möglichen und durchaus angebrachten Gemeinheiten ins Gesicht zu sagen, mit der Rückzugsmöglichkeit im Einzelfall, dass es doch nicht so ernst gemeint gewesen sei: Dabei hilft ihm, seine Grundschullehrer würden sagen, schlampiges Deutsch, er nennt es Würzburcher Dialegd, und manchmal, wenn er würzburcherisch schreibt, muss er selber noch darüber lachen, wie manche Wörter da aussehen: Bei »öfdersch« denkt man in der Tat eher an einen anatolischen Verwünschungsspruch als den Begriff für nicht selten – oder auch öfters.

Im übrigen ist er ein Journalist des Typs, der zusammen mit Unken, Schmetterlingen und Laubfröschen auf der roten Liste steht: Also zunehmend seltener anzutreffen ist. Begründung: Roland Thein weiß nicht nur von allem ein bisschen was, sondern er ist thematisch stellenweise sogar eine Konifere, würde er in seiner Dienstags-Glosse sagen, um das Fremdwort Koryphäe in eigener Sache zu vermeiden. Es gibt Bereiche, da ist er einfach fachlich-fit.

Da ist zunächst einmal der Pilzkenner und -genießer, dem es der blaue Lackpilz oder der Hallimarsch ganz besonders angetan hat. Oder der orni-theologische Aspekt, wie Thein das zu umschreiben beliebt. Da pfeift irgendwo einer hinter den Büschen und schon nennt Roland Thein dazu den lateinischen Namen des pfeifenden oder zwitschernden Vogels. Wer sich dann auf Anhieb erkennbar für das Thema »Vögel« interessiert, der erfährt von Roland Thein, wie viele Nachtigallen in seiner Jugend, also vor längerer Zeit, im Klein-Nizza zuhause waren und dass er einst auf ostfriesischen Inseln neugierige oder einfach gedankenlos durchs Gelände stapfende Touristen von brütenden Vögeln ferngehalten hat.

Und dann die Kultur: Bevor Roland Thein am Ende eines Würzburger Mozart-Festes zu dem Schluss kommt, dass der Kissinger Sommer inzwischen den Würzburger Dauerbrenner deutlich in den Schatten stellt, da hat er sich ein dutzendmal oder mehr in den dunklen Anzug gezwängt und zugehört. Und wenn die Oboe nicht exakt zum Einsatz kam oder ein Streicher nicht seinen ganz großen Tag hatte, Thein bekommt es mit; denn er setzt bei Konzerten ja seit Jahrzehnten schon einen weiteren Schwerpunkt und macht sie zum Gegenstand seiner Berichterstattung: Da geht es um Konzertbesucher, die seiner Meinung nach nur deswegen teure Karten kaufen, um noch teurere Klamotten vorführen zu können unter sie stark ermüdenden Konzert-live-Bedingungen.

Es ist eine beruhigende Erfahrung, dass Heiners stattliche Fangemeinde nicht auf die heimatlichen Gefilden beschränkt ist (Roland Thein zu selbigen: »Wo Blaukraut Rotkohl genannt wird, da ist nicht Unterfranken «). Eine Vielzahl von Zuschriften, selbst aus dem fernen Australien, und eine stattliche »Würzburcher Wörder-Kolonie« in übersee zeigen, dass die unterfränkische Mundart trotz neumodischer Verfremdung dank unseres Gewürfelten lebendig und vielerorten zuhause ist. „

Dr. FRANZ VOGT
Regierungspräsident von Unterfranken