Auszeichnung: 2006 – Kulmbach
Laudatio
Eigentlich haben es die Oberfranken ja der Evangelischen Landeskirche zu verdanken, dass sie Wolfgang Buck heute als ihren »Gewürfelten Franken« präsentieren können. Aufgewachsen im mittelfränkischen Puschendorf im Landkreis Fürth, schickte man ihn nach seinem Studium der evangelischen Theologie als Pfarrer in die Diaspora, nämlich in den katholischen Landkreis Bamberg, wo er 14 Jahre lang die Schäfchen in einer 700-Seelen-Gemeinde hütete. Gleichzeitig tourte er schon mit seinen Liedern in fränkischer Mundart durch die Kneipen, Kleinkunstbühnen und Kirchen der fränkischen Heimat und brachte eine CD nach der anderen auf den Markt. »Dass Sie Pfarrer sind, hätten wir nicht gedacht!« So oder so ähnlich lautete die Spontankritik mancher Zuhörer nach einem Konzert, und das sollte durchaus als Kompliment verstanden sein. Selbst sein evangelischer Landesbischof zeigte sich begeistert: »Weiter so, Bruder Buck!«, schrieb er ihm als Dank auf die übersendung einer CD zurück, und das ließ sich Wolfgang Buck nicht zweimal sagen. Als die Liedermacherei einen immer größeren Raum einnahm, zog er den Talar vorerst einmal aus und ließ sich beurlauben, um sich hinfort im neu gebauten Haus ganz der E-Gitarre, dem Bass und dem Keyboard zu widmen. Wer sich aber gelegentlich in die Dorfkirche verirrt, dem kann es durchaus passieren, dass der Aushilfspfarrer Wolfgang Buck auf der Kanzel erscheint und ihm predigenderweise gehörig die Leviten liest.
Wie soll man ihn denn nun beschreiben, diesen Wolfgang Buck, der die Clubs und Konzertsäle in ganz Nordbayern und weit darüber hinaus scheinbar mühelos zu füllen vermag? Die fränkischen Zeitungsschreiber charakterisieren ihn u.a. als singenden Pfarrer mit barocker Statur, Rockpoeten, echt fränkischen Stänkerer, Grantler oder gar als Weltmusiker. Wolfgang Buck selbst singt von sich »Ich bin a fränkischer Gleeskopf« und hält mit spitzer Zunge seinen Zuhörern einen Spiegel vors Gesicht, in dem sie die Merkwürdigkeiten fränkischen Alltagslebens erkennen, die er mit feinsinniger Beobachtungsgabe aufgespürt hat. Egal, ob er die arbeitswütigen, nachtaktiven Nachbarn aufs Korn nimmt, die am Samstagmorgen um sechs mit Rüttelplatten und Flex seine Wochenendruhe stören, oder ob er vor den fränkischen Zucchinizüchtern warnt, die mit ihren 13 Pfund schweren grünen Bomben nichts anderes anzufangen wissen, als sie heimlich vor die Tür des Pfarrhauses zu legen – vordergründig derb, aber stets mit einem Augenzwinkern und einem gehörigen Schuss Selbstironie wandelt Wolfgang Buck zwischen der Liebe zu seiner fränkischen Heimat und der Verzweiflung über seine fränkischen Landsleute mit ihren ganz speziellen Eigenheiten und Verhaltensmustern, die in mancher Alltagskomik münden. Wie sagte doch einmal eine Konzertbesucherin: »Herr Buck, Sie sind ein Therapeut. Mein Gesicht schmerzt vor Lachen, aber meine Migräne ist wie weggeblasen.« Seine Zuhörer danken ihm die Hilfe zur Selbsterkenntnis mit mittlerweile weit über 1.000 Konzerten und mehr als 50.000 verkauften CDs und stellen, wenn sie in ihren menschlichen Schwächen von ihm ertappt worden sind, zustimmend fest: »genau so isses! « Und weil er sich selbst von seiner Kritik nicht ausnimmt, kann ihm auch keiner wirklich böse sein.
Neben dem eher kabarettistischen Buck gibt es aber auch, wie es sich für einen wendigen und widersprüchlichen Franken gehört, den ganz anderen Wolfgang Buck, den tiefgründigen, den Entschleuniger, der dazu rät, sich nicht wie der Hamster in seinem Rad durch das Leben hetzen zu lassen, sondern erst einmal durchzuschnaufen und einen Schoppen zu genießen. Er selbst holt sich die Ruhe und Inspiration einmal im Jahr auf einem Hausboot in Irland, wo er fernab jeglichen fränkischen Treibens als »Flusszigeuner« über den Fluss Shannon schippert und sich aus der Hektik des Alltags herausnehmen lässt. Den Traum, als Urwaldforscher den Kongo und den Amazonas zu befahren, hat er allerdings noch nicht verwirklicht. Das Fernweh spielt aber immer wieder eine wichtige Rolle in seinen Texten. In seiner ganz persönlichen fränkischen Nationalhymne lässt er den Sambesi durch den Aischgrund fließen und den Ganges durchs obere Maintal und erzeugt mit wenigen Worten und einfühlsamen Tönen eine intensive Stimmung, die den Zuhörer die ungewöhnlichen Assoziationen sofort spüren und verstehen lässt. In seinem neuesten Programm erzählt Wolfgang Buck, in bildreiche Sprache verpackt, auch viel Persönliches: von den jungen Störchen, die das Nest verlassen und in den Süden ziehen, und von Sorgen und dunklen Gedanken, die sich breit machen wollen wie schwarze Vögel auf dem Dach.
Wolfgang Buck macht auch nicht Halt vor den brisanten Themen. Er legt den Finger in die Wunden gesellschaftlicher Missstände, die es in Franken ebenso gibt wie überall auf der Welt. Nie aber spielt er den Moralapostel, der sein Publikum von der Bühne aus anpredigt, sondern er versteht es, auch ernste Themen geschickt mit witzigen Aufmachungen zu verknüpfen. So erklärt er seinen Zuhörern zu einem Lied über Ausländerfeindlichkeit, wie multikulturell die Franken eigentlich sind. Schließlich seien die wichtigsten Dinge in Franken – Bierbrauen, Weinanbau und Karpfenzucht – überhaupt erst durch die Mönche hierher gebracht worden, und selbst die fränkischen Klöße würde hierzulande niemand kennen, wenn nicht Kolumbus vor 500 Jahren einen Sack Kartoffeln von den Indianern mitgebracht hätte.
Wolfgang Buck hat schon oft genug bewiesen, dass er allen Lagen gewachsen ist. Zuletzt im Traumsommer des Jahres 2006, als er ein Konzert mit seiner Band im Staffelsteiner Pfarrersgarten nach sechs Liedern wegen Starkregen, Gewitter und Stromausfall abbrechen musste. Während die Nerven seines gastgebenden Pfarrersfreundes schon blank lagen, behielt er die Ruhe und spielte solo und »ohne Filter« einfach in der Kirche weiter, bis sich die Wolken endlich lichteten und man wieder in den Garten umziehen konnte. Dass ihn seine Wendigkeit sogar auf dem Folterstuhl von Günther Jauchs »Wer wird Millionär« weit gebracht hat, sei nur am Rande erwähnt.
»Man kann Wolfgang Buck nicht beschreiben, man muss ihn erleben.« Ist das nicht das beste Zeugnis, das man einem künftigen Frankenwürfelträger ausstellen kann? Wenn sich einer so wendig, witzig und widersprüchlich zeigt, dann ist er bestimmt der richtige Kandidat. Ich freue mich, Sie in den Kreis der »Gewürfelten« aufnehmen zu dürfen. Herzlichen Glückwunsch!
HANS ANGERER
Regierungspräsident von Oberfranken