Auszeichnung: 2006 – Kulmbach
Laudatio
Mit einer respektvollen inneren Verbeugung vor Hans Max von Aufseß, dem »Tacitus der Franken«, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre, möchte ich Sie an den neuen mittelfränkischen Gewürfelten heranführen. Gewissermaßen scheibchenweise, wurstscheibchenweise.
Hans Max von Aufseß hat die wunderbare Geschichte über den Gasseldorfer »Wiener- Würstchen-Erfinder« namens Lahner geschrieben. Dieser Dorfbub – und hier haben wir schon eine Parallele zu unserem neuen Gewürfelten – dieser Dorfbub aus der Fränkischen Schweiz hat sich durch die Erfindung der köstlichen Wiener-Würstl Zugang zu den höchsten politischen Kreisen in der Wiener Hofburg verschafft und den Kaiser Franz II. täglich zur Unterbrechung der k.u. k.-Staatsgeschäfte gezwungen.
Auch unser neuer Gewürfelter hat es seiner Tüchtigkeit im Umgang mit der Wurst, konkret mit der Nürnberger Bratwurst zu verdanken, dass gekrönte und ungekrönte Häupter sich vor ihm und seiner »Wurscht« verneigten: Franz Josef Strauß, Alfons Goppel, Bundespräsident Herzog, Bundeskanzler Schröder, Königin Silvia von Schweden, um nur einige zu nennen, für sie alle ging es bei Werner Behringer immer nur um das eine, nämlich um die Nermbercher Bratworscht.
Werner Behringer ist nicht nur ein Wirt, er ist ein Volks-Wirt im eigentlichen Sinn des Wortes, er ist mit seinem Bratwurst- Häusle eine Institution, ohne die Nürnberg gar nicht mehr funktionieren würde. In der Nürnberger Altstadt liegt ja alles eng beieinander; aber das Zentrum im Zentrum ist Behringers Häusle, genau zwischen Rathaus und Sebalduskirche, die weltliche Macht vor sich, die geistliche Macht im Rücken ist er der Dreh- und Angelpunkt, die Drehscheibe der Kommunikation. Sein Häusle ist das heimliche Rathaus, seit Jahrzehnten treffen sich dort die Kommunalpolitiker, die Rathaus- CSU soll dort am sog. Rost-Tisch sogar eine Art Fraktionszimmer betrieben haben. Und wie weiland Kaiser Franz II. seine Staatsgeschäfte unterbrochen hat, um den Wiener-Würsteln die Ehre zu geben, haben sicher auch Nürnberger Oberbürgermeister ihre Stadtgeschäfte beiseite gelegt, um bei Behringer der Bratwurst zu frönen, auch wenn sich die Nürnberger Protokollabteilung dazu beredt ausschweigt. Und Werner Behringer natürlich ebenso, denn bei aller Kommunikationsbereitschaft nimmt er auch seine Rolle als verschwiegener Kummerkasten und Beichtvater ernst.
Werner Behringer war die Wurst fast schon in die Wiege gelegt, er stammt aus dem Knoblauchsland, wo seine Familie seit Menschengedenken in Buch den Gasthof »Bammes« betrieb. Dort entstieg er also Abrahams Wurstkessel und entdeckte schon als Schüler beim Schlachten mit seinem Großvater sein Talent zum Wurstmachen (nur nebenbei: noch heute werden im Keller des Bratwursthäusle die Bratwürste selbst hergestellt).
Sein Weg zum angesehenen Dorfgastwirt schien also vorgezeichnet. Aber das wendige Schlitzohr Werner Behringer büchste erst einmal aus: Seinen Jahren am Nürnberger Hans-Sachs-Gymnasium ließ er die Hotelfachschule mit Abschlüssen zum Restaurant-Fachmann, Koch, Hotelkaufmann und Serviermeister, angereichert mit einem Bank-Praktikum und einem »Schuss« Bundeswehr folgen. Dann hob Werner Behringer ab, als Flugbegleiter und Obersteward bei der Deutschen Lufthansa. Hier holte sich der bodenständige Franke den weltmännischen Schliff, der es ihm heute erlaubt, als weltgewandter Wirt die Größen aus allen Bereichen und Erdteilen in allen möglichen Sprachen zu begrüßen. Damals über den Wolken traf er auf den bayerischen Landesvater Alfons Goppel, der ihn mit der simplen Frage konfrontierte: »Habt ihr hier keine Nürnberger Bratwürste an Bord?« Eine Antwort von Werner Behringer ist nicht überliefert. Aber möglicherweise hat ihn diese Frage wieder auf den Pfad der Tugend, sprich der Bratwurst zurückgeführt.
Zurück auf fränkischer Erde – versiert und polyglott – verfolgte nun Werner Behringer wendig, aber beharrlich den Aufbau seines wahrhaft nahrhaften Imperiums. Stammhaus ist und bleibt das Bratwursthäusle, das Bratwurstglöcklein wird weiteres Standbein. Dazu kommen das Goldene Posthorn in Nürnberg oder im fränkischen Umland das Hotel Klosterhof in Heilsbronn, um nur einige zu nennen. Ob in Eigenregie oder verpachtet, Werner Behringer brutzelt und kocht an den besten Standorten Nürnbergs und Umgebung. Dies alles gelingt ihm zusammen mit seiner Frau, einer Hamburgerin von gleicher Profession und Passion. Auch die nächste Generation der Bratwurstdynastie brät mit. Seine Söhne Ralf und Kai sind als Partner in den elterlichen Betrieben tätig.
Die Versuche, sowohl in Kanada (Vancouver) als auch in Japan (Osaka) ein Bratwurstimperium aufzubauen, sind noch nicht wirklich zu den Akten gelegt. Beharrlich wird an diesen Firmen festgehalten, was zumindest dazu geführt hat, dass im größten Kaufhaus von Osaka, dem »Takaschimaja«, Nürnberger Bratwürste Marke »Häusle« zu kaufen sind. Ob tatsächlich – wie behauptet – in China Nülnbelgel-Blatwulst von Belingel – und nicht Kulmbachel, Herr Landrat Söllner – jedem Kind bekannt sind, mag dahingestellt sein. Das Kürzel »www« (world wide web) bekommt jedoch vor diesem Hintergrund eine völlig neue Bedeutung als world wide worscht!
Der Würfel fiel unserem mittelfränkischen Gewürfelten aber nicht nur wegen der Bratwurst zu, sondern auch wegen seiner anderer Seiten: Da sind auch die im Ehrenamt ausgeübten berufsständischen, kirchlichen und sozialen Engagements, die nur alle zusammen den ganzen Behringer ausmachen. Die fränkische Gesamtpersönlichkeit in wendiger, witziger und widersprüchlicher Facon findet sich da zusammen, wenn die Gegensätze von altfränkischer Beharrlichkeit und heiterem Gemüt kräftig Früchte tragen: So initiierte er den »Markt der Gastlichkeit« auf dem Nürnberger Altstadtfest und das »Fränkische Weinfest « zu Nürnberg.
Zu einem Treffpunkt von Prominenten und »Adabeis« (ins Hochdeutsche übersetzt: Ich bin auch dabei) hat sich aus kleinsten Anfängen heraus der Umtrunk am Heiligen Abend auf der Terrasse des »Häusle« entwickelt. Ursprünglich wollte Behringer mit ein paar Freunden auf dem Christkindlesmarkt nur dem Weihnachtstrubel entgehen und sich mit Glühwein auf das Fest einstimmen. Bald aber schon gesellten sich zu der Gruppe von sieben oder acht Leuten ganze Scharen von Freunden und Bekannten. Tout-Nürnberg trifft sich seitdem am 24.12. – dem letzten Christkindlesmarkttag – bei ihm auf der »Häusle-Terrasse«, die auch sonst die Rolle eines vornehmen Open-Air- Treffs in Nürnberg einnimmt.
Das »Häusle« eine Art »Kulturladen Mitte «. Gut lutherisch bewährte sich Werner Behringer nicht nur in Beruf und Familie, sondern auch in der Gemeinde als Kirchenvorstand in St. Sebald zu Nürnberg. Darüber hinaus ist er unter anderem in den Förderkreisen des Germanischen Nationalmuseums, bei den Altstadtfreunden Nürnberg und im Verein der Freunde des Amerikahauses Nürnberg engagiert.
Die heitere Seite seiner Persönlichkeit äußert sich in Sangesfreudigkeit und zahlreichen anderen Vereinstätigkeiten. So ist er Mitglied in etwa 34 Vereinen und Organisationen, so ganz genau weiß er es selbst nicht. Der Bogen spannt sich von der Freiwilligen Feuerwehr Buch bis zum Rotary Club, vom Gesangsverein Höfles bis zu Old Fellow Loge. Derartiges Engagement oder derartige Umtriebigkeit haben Behringer von Spöttern unter seinen Freunden den Titel »Multimufti« eingebracht.
Man muss Werner Behringer nur ansehen, um zu wissen: Er ist kein Kind von Traurigkeit. Und so schloss er während der Internationalen Orgelwoche Nürnberg eine Wette ab, dass er mit Kumpels in der Sebalduskirche zum Orgelspiel von Werner Jacob singt. Die Wette gewann er, mit dem wenig kirchlichen Lied »Wo ist denn mei Gerchla«. Wendig, witzig, widersprüchlich. Werner Behringer ist ein wahrer und würdiger Träger des Frankenwürfels. Herzlichen Glückwunsch, Werner Behringer und willkommen im erlauchten Kreis der »Gewürfelten«!
KARL INHOFER
Regierungspräsident von Mittelfranken