Auszeichnung: 2024 – Bad Windsheim
Laudatio
Silvia Kirchhofs Liebe zur Musik und zum Schauspiel wurde bereits in frühen Jahren geweckt. Dem Großvater, der für seine Enkelkinder Lieder sang und kleine Geschichten spielte, ist es zu verdanken, dass in ihr der Wunsch reifte, selbst ein großes Publikum zu begeistern. Ihren Eltern war das so gar nicht recht. Ein „ordentlicher“ Beruf sollte erlernt werden. Aber zu unser aller Freude setzte sich Silvia Kirchhof durch. Heute ist sie weit über ihre Heimatgemeinde Gerolzhofen hinaus bekannt: Als Sängerin, Schauspielerin, Clownin, Regisseurin und Theatermacherin.
„Sich wenden, sich drehen, im Leben bestehen, so ist der gewürfelte Franke zu sehen.“ In diesem Satz wurzeln die drei typischen fränkischen Eigenschaften: das Wendige, das Witzige und das Widersprüchliche.
Ihre Wendigkeit zeigt Silvia Kirchhof sowohl bei den Inhalten ihrer Auftritte als auch bei den von ihr auf der Bühne verkörperten Charakteren: Als Schauspielerin schlüpfte sie bereits in die verschiedensten Rollen und begeisterte unter anderem als extrovertierte „Florence Foster Jenkins“ im gleichnamigen Stück oder als „Boandlkramer“ in dem Theaterstück „Der Brandner Kaspar schaut ins Paradies“. Zuletzt konnte man sie als Psychologin in der Komödie „Oh mein Gott“ auf der Bühne sehen. Ihr schauspielerischer Drang und ihre Darbietungen sind dabei so intensiv und eindringlich, dass Silvia Kirchhof gelegentlich von ihrem Lebens- und Bühnenpartner Achim Hofmann liebevoll als „staatlich geprüfte Exhibitionistin“ bezeichnet wird.
Als Teil des Chanson-Duos „Café Sehnsucht“ treten Silvia Kirchhoff und ihr Lebenspartner gemeinsam auf. Sie singt mit Ihrer unverwechselbaren tiefen Stimme. Er begleitet am Klavier zu von ihm selbst komponierten Liedern, die um die kleinen und großen Themen unserer Gegenwart kreisen. Dabei unterhält Silvia Kirchhof ihr Publikum während einer Abendveranstaltung mit bis zu zehn unterschiedliche Rollen – am liebsten als laszive Diva oder als freche Göre.
Witzig soll die Frankengewürfelte sein. Für Silvia Kirchhof ein Leichtes: Bei einer Weinverkostung der besonderen Art kann man sie in ihrem Programm „Weine so weiblich“ als Silvaner, Domina, Scheurebe und Co. erleben. Hier präsentiert sie – mit jeweils passender Kostümierung – in fränkischer Mundart und im Rahmen von Gesangseinlagen amüsante Informationen zu den jeweiligen Weinen.
Gleichzeitig entwickelt Silvia Kirchhoff immer wieder Programme mit aktuellem politisch-gesellschaftlichen Bezug und scheut sich dabei nicht, bedenklichen Entwicklungen in unserer Gesellschaft zu widersprechen. So sang sie unter dem Slogan „Ich bin doch Manns genug“ passende Lieder zum 100-jährigen Bestehen des Frauenwahlrechts und unterstützt mit ihrem künstlerischen Können Veranstaltungen zur Würdigung der Demokratie und des Grundgesetzes.
Selbst das jüngste Publikum zog Silvia Kirchhoff über zwei Jahrzehnte als Klinik-Clownin „Machnix“ in ihren Bann. Mit grünem Kohlkopf und roter Nase purzelte sie im Sauseschritt durchs Krankenhaus und zauberte schwerkranken Kindern ein Lächeln ins Gesicht. Derzeit nimmt „Machnix“ wegen einer schweren Erkrankung des eigenen Enkelkindes ihren Namen leider wörtlich und pausiert mit dem Clownin-Sein.
Doch wie ihre Mutter ihr ins Poesie-Album schrieb: „Es sind die Starken im Lande, die unter Tränen lachen, ihr Leid verbergen und anderen Freude machen“. Und so macht die Powerfrau Silvia Kirchhoff mit ihren Bühnenauftritten weiter. Sie geht ganz nebenbei regelmäßig in Seniorenheime und singt dort für und mit den Bewohnerinnen und Bewohnern alte Volkslieder oder lädt zum Rollstuhltanz ein. Mit ihrer offenen und herzlichen Art berührt sie die Menschen im wahrsten Sinne des Wortes.
Aber die Bühnenkünstlerin Silvia Kirchhof ist nur eine Facette einer vielschichtigen Persönlichkeit: Tauchen Sie mit mir in die Welt der Theaterregisseurin Silvia Kirchhof ein. Seit 2010 hat sie die Regie über das Amateurensemble „Kleines Stadttheater Gerolzhofen“, das zunächst auf öffentlichen Plätzen spielte, aber schnell über die Stadtgrenzen hinaus bekannt wurde. Hier werden meist Stücke auf die Bühne gebracht, die auf den Ideen von Silvia Kirchhoff basieren und vom Berliner Schriftsteller Roman Rausch ausgearbeitet werden. Einige dieser Stücke sind eng mit der fränkischen Historie verknüpft: So spielte das „Kleine Stadttheater Gerolzhofen“ unter der künstlerischen Gesamtleitung von Silvia Kirchhoff anlässlich des 70-jährigen Jubiläums zum Ende des Zweiten Weltkrieges das Theaterprojekt „Fräulein Schmidt und der Aufstand der Frauen“ auf dem Originalschauplatz des Aufstandes: dem Marktplatz von Gerolzhofen.
Weil das „Kleine Stadttheater Gerolzhofen“ auch ein zu Hause brauchte, in dem Requisiten gelagert sowie Proben und Aufführungen stattfinden können, beschloss Silvia Kirchhoff im Jahr 2019 kurzerhand mit ihrem Mann ein altes Haus in der Innenstadt von Gerolzhofen zu erwerben und mit viel Liebe zum Detail herzurichten. Das Theaterhaus Gerolzhofen war geboren! Dort kommen seitdem nicht nur Theaterstücke für Groß und Klein – meist unter Regie von Silvia Kirchhof – auf die Bühne. Es finden auch Konzerte, Lesungen und Kunstausstellungen statt. Silvia Kirchhoff schlüpfte damit in eine weitere, ihre dritte Rolle als „Theatermacherin und Kulturveranstalterin“. Mehr Wendigkeit geht kaum.
Seit 2022 fungiert Silvia Kirchhoff zudem als Regisseurin im Freilichttheater Sömmersdorf. Hier inszenierte sie im Sommer 2022 mit einem Ensemble aus über 100 Laienschauspielern das gefeierte Theaterstück „Robin Hood“. Basierend auf diesem Erfolg führte sie im Sommer 2024 erneut in Sömmersdorf Regie. Diesmal bei den traditionsreichen Fränkischen Passionsspielen, die seit den 1930er Jahren im fünfjährigen Turnus aufgeführt werden. Hierbei galt es unter anderem etwa 400 Laien-Schauspieler zu coachen, die bei den rund 20 Aufführungen „der Passion“ insgesamt etwa 40.000 Zuschauer begeisterten.
Bei all diesen Leistungen ist es nicht verwunderlich, dass die gewürfelte Fränkin für ihr Wirken bereits 2017 mit dem Kulturpreis des Frankenbundes und 2021 mit dem Kulturpreis des Bezirks Unterfranken ausgezeichnet wurde. Heute soll nun eine weitere Auszeichnung folgen. Liebe Frau Kirchhof, auf dem Frankenwürfel, den ich Ihnen gleich überreichen darf, findet sich die Gravur: „Es gilt dem gewürfelten Franken“ – in Ihrem Fall der gewürfelten Fränkin – „mit diesem Würfel zu danken.“ In diesem Sinne: Herzlichen Dank, dass Sie das Frankenland mit ihrer wunderbaren Unterhaltungskunst bereichern. Ich heiße Sie im Kreise der „gewürfelten Franken“ ganz herzlich willkommen.
DR. SUSANNE WEIZENDÖRFER
Regierungspräsidentin von Unterfranken