Auszeichnung: 2001 – Bad Windsheim
Laudatio
Bei meinen Nachforschungen für diese kleine Lobeshymne auf unseren neugewürfelten Mittelfranken Robert Treuheit aus Trautskirchen hier im Landkreis Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim, bin ich auf Erstaunliches gestoßen: WWW heißt nicht nur wendig, witzig, widersprüchlich, die Leitmotive des gewürfelten Franken, die 3 W stehen auch für world wide web, das Internet also, und da stößt man auf allerhand Wissenswertes; auch zur Leidenschaft unseres Herrn Treuheit. Zahlreiche Institutionen kümmern sich um die Erhaltung unserer heimischen Kultur und Brauchtümer, die Bezirke, der Bayerische Landesverein für Heimatpflege oder die Arbeitsgemeinschaft Fränkische Volksmusik. Auf deren Seiten im www findet sich tatsächlich eine Aktion »Musikantenfreundliches Wirtshaus« und eine Liste mit Wirtshäusern, in denen das Musizieren gern gesehen und stets willkommen ist. Da soll nun mal einer sagen, es gäbe keine Verbindung zwischen Tradition und Brauchtum auf der einen Seite und Moderne und Hightech-Zeitalter auf der anderen. Für uns Franken heißt das also nicht nur »Lap-top und Lap-Kuchen«, sondern auch »world wide web und Wirtshaussingen «.
Und dieser Begriff »Wirtshaussingen« liefert mir das Stichwort für die Verleihung des Frankenwürfels am heutigen Tage an Herrn Robert Treuheit, der einen hervorragenden Ruf als Musiker und Heimatpfleger in ganz Mittelfranken genießt.
Als waschechter Franke begibt er sich zum Singen nicht in die Badewanne, sondern in ein gutes fränkisches Wirtshaus, wie zum Beispiel hier in dieses historische Wirtshaus im Fränkischen Freilandmuseum. Begriffe wie »Gaststätte« oder »Speiselokal « kennt der Franke zwar auch, sie strahlen für ihn aber bei weitem nicht die Gemütlichkeit und die Heimatverbundenheit aus, die der gute alte Begriff »Weerdshaus« vermittelt.
Und zu einem fröhlichen Aufenthalt in einem fränkischen Wirtshaus gehört nun mal auch der Gesang. Und deshalb kam Herr Robert Treuheit vor zehn Jahren auf die Idee, zu einem so genannten »Wirtshaussingen « einzuladen. Das war ein mutiger Schritt, denn damals war es »mega out«, sich in gemeinsamer zwangloser Runde im Dorfwirtshaus zu versammeln, um zu singen. Das galt als altmodisch oder hausbacken. Sein erster Versuch fand im Wirtshaus in Trautskirchen – seiner Heimatgemeinde – statt. Bereits bei diesem ersten Termin fanden sich so viele begeisterte Zuhörer ein, dass Herr Treuheit sich entschloss, regelmäßig alle vier bis sechs Wochen in verschiedenen Wirtshäusern im Zenngrund ein solches Wirtshaussingen abzuhalten. Heutzutage bieten etliche Musiker, Volksmusikgruppen oder auch z. B. die Arbeitsgemeinschaft Fränkische Volksmusik diese offenen Singabende an – und überall sind sie ein durchschlagender Erfolg. Herr Treuheit behielt also Recht – singen war nicht out, man musste bloß all denen Gelegenheit zum Singen geben, die sich insgeheim ein Aufleben dieser wunderbaren alten fränkischen Tradition wünschten.
Nach den anfänglichen Versuchen wuchs die Teilnehmerzahl dieser Singabende bald auf über 50 bis 100 Singfreunde pro Abend. Es hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet, dass man »wieder singen darf«. Singbegeisterte von der Nürnberger Gegend bis hinüber nach Rothenburg, von Neustadt a.d. Aisch bis Wassertrüdingen folgten dem Ruf zu diesen gemeinsamen geselligen Abenden.
Um den traditionellen Charakter dieser Veranstaltung zu bewahren, legte Herr Treuheit immer neue Termine in ganz Mittelfranken fest, so dass die Wirtshaussingabende nicht zu Massenveranstaltungen wurden und die Interessierten nicht so weit anreisen mussten. Damit wurden immer neue Einzugsgebiete und immer mehr Mitsänger erschlossen. Im Laufe der Zeit kam so auch ein erstaunliches Repertoire an Wirtshausliedern zusammen. Eine eigene Musikmappe mit rund 400 Liedern aus ganz Franken entstand auf diese Weise. Und weil die Gäste immer wieder neue Lieder mitbringen, wird der ohnehin schon große Fundus der Treuheitschen Musikmappe ständig größer und größer. Und was besonders bemerkenswert ist, Herr Treuheit verlangt für diese Singabende keine Gebühr, keinen Eintritt, keine Entschädigung.
Herrn Robert Treuheit gebührt also das Verdienst, hier in Mittelfranken dieses zwanglose Singen zur Freude und zur Entspannung aller wieder eingeführt und damit eine schon fast ausgestorbene Tradition wieder belebt zu haben. Unterstützt wurde er dabei von seinem Bruder Hans, der als Arrangeur und Singtalent Herrn Robert Treuheit tatkräftig unterstützt und der auch heute anwesend ist.
Lieber Herr Treuheit, die Art und Weise, wie Sie Ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger ansprechen und begeistern, wie Sie sie mitreißen und zum Mitmachen animieren, auch wie Sie sich zusätzlich in vielen Vereinen Ihrer Heimat engagieren und mit viel Witz und Humor Ihre Aufgabe begleiten, zeugt von fränkischer Originalität, von tiefer Verwurzeltheit in Ihrer Heimat sowie von Wendigkeit und Beharrungsvermögen zugleich, es zeugt von überzeugungskraft und Tatendrang. Sie haben sich nicht dem immer wieder zitierten Zeitgeist gebeugt, sondern durchaus eigenwillig – und das im besten Sinne – Ihrer Leidenschaft zum Durchbruch verholfen. All das zeichnet in der Tat einen gewürfelten Franken aus: sich wenden, sich drehen, im Leben bestehen, so ist der gewürfelte Franke zu sehen.
Herzlich willkommen im Kreis der Gewürfelten!
KARL INHOFER
Regierungspräsident von Mittelfranken