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Johann Böhm – Unsleben (Unterfranken)

Auszeichnung: 2015 – Thurnau

Laudatio

Markenzeichen unseres nun vorzustellenden Neugewürfelten, des früheren Landtagspräsidenten Johann Böhm, sind kurze Reden, Witz und Humor und kleine Zweizeiler in Reimform zum Abschluss seiner Reden, wie auch gelegentlich zwischendurch eingestreut.

Würde ich mir die erste Böhmsche Regel, die der kurzen Rede, heute zu Eigen machen, würde dies bedeuten, dass Sie über unseren diesjährigen unterfränkischen Frankenwürfelträger eine Laudatio von höchstens, aber allerhöchstens, fünf Minuten zu Gehör bekämen. Das würde zwar das Warten auf die vielgeliebte Martinsgans deutlich verkürzen, doch unserem Johann Böhm würden wir damit nicht gerecht werden. Ich könnte auch den bei mir eher untauglichen Versuch unternehmen, die frohe Kunde über die Verleihung des Frankenwürfels an Johann Böhm in Reimform darzubieten. Das würde sich dann etwa so anhören: „Der Johann Böhm erhält heut´ den Würfel der Franken; das ist doch super, da gilt es zu danken“. Oder vielleicht: „Der Frankenwürfel alle Jahr ist eine hohe Auszeichnung, fürwahr. Heuer geht er an den Johann Böhm. Er wird als Franke geadelt; ist das nicht schön?“

Sie merken schon, das mit dem Reimen überlasse ich Johann Böhm besser selbst. Einen Ausspruch unseres heute zu Ehrenden möchte ich an dieser Stelle aber doch gleich kund tun: Wer Johann Böhm jemals am Rednerpult bei einer Festveranstaltung erlebte, der kennt seinen bekannten Spruch: „Kurze Reden, lange Würscht“. Das kommt wohl auch daher, dass Johann Böhm immer gerne zum Schluss einer Veranstaltung ans Rednerpult tritt. Nicht etwa, weil er immer zu spät käme Gott behüte, das keinesfalls eher wohl deswegen, weil er gerne vor allem bei Großveranstaltungen zunächst die Atmosphäre einfängt und dann seine humorigen Reden hält, für die er bekannt ist. Seine Reden waren und sind – wie eingangs von mir erwähnt häufig gewürzt mit kleinen Reimen, die ihm wohl spontan einfallen. Damit hat er dann auch regelmäßig geschwätzige Zuhörer wieder in seinen Bann gezogen und verstummen lassen.

Johann Böhm versteht es, die Menschen für sich und für seine Anliegen zu gewinnen. Er hat eine feste Meinung, die er auch vehement vertritt, und er ist beileibe kein Mann, der sein Fähnchen nach dem Wind dreht. Die Wahrheit ist ihm wichtig, und da redet er den Menschen auch mal ernsthaft ins Gewissen. Außerdem ist er bekannt dafür, dass er, wie er immer wieder selbst betont, „nichts verzapft, was die Leute eh schon wissen“.

Johann Böhm ist aber auch ein Mann, der Entscheidungen nie leichtfertig trifft. Dabei hilft ihm seine beliebte Maxime, die da lautet: Man muss nicht zwei, sondern drei Seiten hören, nämlich: „Deine Seite, meine Seite und die richtige Seite.“ An dieses Credo hielt er sich auch immer und fand dabei natürlich in der Regel „die richtige Seite“ und damit die richtige Entscheidung.

Viele von Ihnen wissen wohl, dass Johann Böhm ein gebürtiger Egerländer ist. Wie schafft man nun aber den Spagat, einen Egerländer mit dem Frankenwürfel auszeichnen zu können? Ich erinnere mich noch gut daran, als ich vor einigen Wochen Johann Böhm anrief und ihm mitteilte, dass die Wahl für diese Auszeichnung in diesem Jahr auf ihn gefallen sei. Schlitzohrig, wie er nun mal ist ich konnte mir das Schmunzeln in seinem Gesicht dabei so richtig vorstellen sagte er, dass diese Auszeichnung doch sicher nur gebürtigen Franken zusteht. Aber er würde sie natürlich gerne annehmen, quasi als Zeichen der echten Einbürgerung ins Frankenland. So haben wir uns denn damals auch geeinigt.

Johann oder Hans Böhm, wie er in seinem Heimatlandkreis Rhön-Grabfeld genannt wird, wurde am 18. Oktober 1937 in Daßnitz im Egerland geboren, besuchte dort die Volksschule und kam dann mit seiner Familie nach Wülfershausen. Dann wechselte er 1949 an das Alte Gymnasium nach Würzburg, wo er 1958 das Abitur ablegte. Die einjährige Bundeswehrzeit schloss sich an. Danach widmete sich Johann Böhm dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Würzburg, war von 1963 bis 1967 als Referendar in Würzburg und München und trat nach der großen juristischen Staatsprüfung in den Dienst der Regierung von Unterfranken.

Von 1969 bis 1973 war er juristischer Staatsbeamter am Landratsamt Bad Neustadt, zu einer Zeit, als es den Großkreis Rhön-Grabfeld noch nicht gab. 1974 wurde Johann Böhm dann in den Bayerischen Landtag gewählt. Zu jener Zeit war die Welt in gewisser Weise in unseren Breiten noch stressfrei, ahnte man doch von der Handymanie und den sonstigen Errungenschaften des digitalen Zeitalters noch nichts. So weiß Johann Böhm auch heute noch zu berichten, dass es kurz nach Mitternacht war, als er seine Frau von einer Telefonzelle in Saal an der Saale anrief und ihr mitteilte, dass er als Kandidat für den Landtag nominiert wurde.

Für Johann Böhm begann nun aber eine doch turbulente Zeit, folgte er doch bereits 1976 einem Ruf aus der Bevölkerung, sich als Landratskandidat aufstellen zu lassen. Aus dem Rennen um den Stuhl des Landrates ging damals Dr. Fritz Steigerwald als Sieger hervor, der bekanntermaßen später auch ein gewürfelter Franke wurde. Wahlschlacht hin oder her, wer Johann Böhm kennt, der weiß, dass er nicht nachtragend ist. Sein bekanntes Motto wandte er auch in dieser Situation an, das denn lautet: „Vergessen darf man nicht, aber verzeihen sollte man können.“ Im Nachhinein betrachtet möchte ich fast sagen, lieber Herr Böhm, es war doch letztendlich gar nicht so schlimm, ja sogar gut, dass das mit der Wahl zum Landrat damals daneben ging, betrachtet man Ihren weiteren steilen politischen Weg nach oben.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich diesen Weg kurz skizzieren:

Ab Oktober 1990 bekleidete Johann Böhm das Amt eines Staatssekretärs zunächst für drei Jahre als Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und anschließend für ein Jahr als Bevollmächtigter des Freistaats beim Bund. Dann folgte der Sprung in den Chefsessel im Bayerischen Landtag, wurde er doch im Oktober 1994 zum Präsidenten des Bayerischen Landtags gewählt; dieses hohe Amt hatte er bis 2003 inne. Wer einmal in den Genuss kam, am Fernseher oder live Plenarsitzungen mit Johann Böhm zu verfolgen, der erkannte schnell, dass hier ein Mann auf dem Präsidentenstuhl saß, der stets auf Ausgleich bedacht war. Rügen? die gab es zu seiner Zeit so gut wie nicht, es waren eher kleine Hinweise, mit denen er die Ordnung wieder herstellte, wenn diese etwas aus dem Gleichgewicht geraten war. Fast ist man versucht zu sagen, dass Johann Böhm in seine fränkisch-böhmische Trickkiste griff, um alles wieder ins Lot zu bringen.

So verfuhr er beispielsweise mit zwei Damen einer Fraktion im Bayerischen Landtag, die sich während der Reden gerne unterhielten. Johann Böhm wusste, dass beide Lehrerinnen waren und so sagte er schmunzelnd in einer Pause: „Wenn ich jetzt Ihr Lehrer wäre, würde ich Sie auseinander setzen.“ Glauben Sie mir, meine Damen und Herren, das hat gewirkt, haben die beiden doch fortan weit weniger geschwätzt und auf jeden Fall sofort damit aufgehört, wenn sie der Blick des Präsidenten Böhm traf. Besonders auch wegen seiner fränkischen Schlitzohrigkeit und seines erfrischenden Humors war Johann Böhm in seiner Münchner Zeit äußerst beliebt. Das wohl dem Vernehmen nach besonders auch bei seinem Fahrer. Der hatte nämlich immer dann frei, wenn Johann Böhm nach Hause in seine fränkische Heimat fuhr. „Da brauche ich doch keinen Fahrer, fahren kann ich selbst und was kann mir schon passieren“, waren seine Worte. Den Fahrer hat´s gefreut und Johann Böhm trat alleine den Heimweg zum Nordkap des Freistaats an.

Der Vorname Hans oder Johann kommt wie Sie alle wissen von Johannes und ich habe mir sagen lassen, dass unser Neugewürfelter sehr stolz auf diesen Vornamen ist, weil er an Johannes den Täufer erinnert. Was, werden Sie sagen, verbindet jetzt Johannes den Täufer mit Johann Böhm aus Unsleben? Von Johannes dem Täufer ist bekannt, dass er immer betonte: „Der nach mir kommt, der ist der Größere“. Diese Denkweise, meine ich, sagt viel aus über den Charakter unseres neuen Gewürfelten. Er sah sich nie als den Größten, der da vorne auf dem Chefsessel im Landtag oder sonst wo in führender Position saß und es bis nach ganz oben geschafft hatte. Nein, Johann Böhm ist stets bodenständig geblieben.

Und dazu passt auch ein weiterer Ausspruch, den Johann Böhm immer wieder gerne verwendete: „Johannes nimm dich nicht so wichtig…“ Nicht von ihm selbst stammen diese Worte ursprünglich, sondern von keinem geringeren als von Papst Johannes XXIII, doch er machte sich aus seiner ihm eigenen Bescheidenheit heraus diesen Spruch zu eigen. So kann ich mir vorstellen, lieber Herr Böhm, dass Sie sich angesichts der heutigen Ehrung auch im Geheimen sagen: „Johannes nimm dich nicht so wichtig.“ Doch eine nicht unerhebliche Bedeutung dürfen Sie sich getrost zuschreiben lassen angesichts der vielen Auszeichnungen, die Ihnen zeitlebens zuteil wurden. Würde Johann Böhm alle Ihm verliehenen Ordensinsignien an sein Revers heften glauben Sie mir er stünde heute in gebückter Haltung vor uns.

Das wären nämlich, um nur einige zu nennen: Der Bayerische Verdienstorden, das Bundesverdienstkreuz am Bande, das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, das Große Verdienstkreuz mit Stern, die Bayerische Sozialmedaille und ein Orden, den man keineswegs vergessen darf, der Gregoriusorden. Dieser Päpstliche Ritterorden ist die höchste Auszeichnung, die ein Papst an Laien vergeben kann. Wenn man unseren neuen Frankenwürfelträger auf diesen letzt genannten Orden anspricht, kommt sein bekanntes Böhmsches Lächeln zum Vorschein. Die Träger des Gregoriusordens genießen keine besonderen Privilegien, sieht man einmal von dem nicht praktizierten Recht ab, mit dem Pferd in den Petersdom zu reiten. Ganz ehrlich: Stellen Sie sich unseren Johann Böhm nur mal vor, wie er auf einem Pferd in den Petersdom reitet. Zuzutrauen wäre es ihm allemal.

Meine Damen und Herren,

vielen Prominenten in der ganzen Welt hat Johann Böhm schon die Hand gegeben, so Staatspräsidenten und anderen Zelebritäten, aber auch jedem der ihm die Hand reicht. Johann Böhm ist ein Mann, immer mit einem Lächeln auf dem Gesicht, immer freundlich, zuvorkommend, ein Politiker, der bekannt und geschätzt ist und gerne und oft eingeladen wurde und auch heute noch eingeladen wird. Eben ein Mann aus dem Volk, der für die Menschen und zwar für jedermann da war und da ist. Er schaut dem Volk gerne aufs Maul und versteht es, selbst schwierige Sachverhalte mit einfachsten Vergleichen und Worten verständlich zu machen. Seine Auftritte und Reden bei öffentlichen Veranstaltungen sind ein Genuss in Stil und Ausdruck, gepaart mit einem gesunden Schuss an Mutterwitz und Schlagfertigkeit, aber auch Intelligenz. Das Spitzbübische in seinen Augenwinkeln bleibt dabei nicht verborgen. Er war und ist für mich auch nach seinem Ausscheiden aus dem Landtag ein echter Bürgerpräsident – leutselig und untadelig, aber auch mit einer klaren, aus der christlichen Soziallehre herrührenden Position. Und so wage ich mit dem gebotenen Respekt, seine Selbstcharakterisierung zu zitieren: „Ich bin ein Rhönschaf – weiße Weste, schwarzer Kopf“. Er vereinigt das Wendige, Witzige und Widersprüchliche in unnachahmlicher Weise in seiner Person. Es ist seine offene, freundliche Art und sein unerschütterlicher Humor, die ihn so sympathisch machen.

Damit bin ich fast am Ende meiner Laudatio. Aber ich denke, eines muss ich noch erwähnen, das auch mit entscheidend für die Verleihung des Frankenwürfels war. Für Johann Böhm ist Heimat ein wichtiges und wertvolles Gut, ob es nun die Region seiner Geburt, das Egerland war oder seit vielen Jahrzehnten das Frankenland ist. In vielen Gremien war Johann Böhm aktiv, nicht zuletzt und auch heute noch als Vorsitzender im Landesverein für Heimatpflege. Immer wieder erfährt er dabei, dass ihn die Menschen als echten Franken einstufen. Warum also sollten wir ihn dann nicht mit dem Frankenwürfel auszeichnen und ihn damit sozusagen als Franken adeln, auch wenn seine Wiege im Egerland stand?

Was soll ich noch lange reden, machen wir es kurz. Ich bin mir bewusst, dass ich im Repertoire unseres unterfränkischen Urgesteins ziemlich gewildert habe und ihm vielleicht manches vorweg genommen habe, was er nachher gerne selbst von sich gegeben hätte. Doch ein Johann Böhm ist nie um einen Spruch verlegen und so dürfen wir gespannt sein, was ihm launiges einfällt zu seiner heutigen Ehrung. Denn eines ist gewiss, sprachlos werden Sie ihn sicherlich nicht erleben.

Lieber Johann Böhm, herzlichen Glückwunsch und willkommen im Kreise unserer Gewürfelten Franken.

Dr. PAUL BEINHOFER
Regierungspräsident von Unterfranken