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Helmut Bauer – Würzburg (Unterfranken)

Auszeichnung: 2003 – Gottsmannsgrün

Laudatio

Sich wenden, sich drehen und doch nicht den Boden unter den Füßen verlieren! Ein gestandenes Mannsbild sein, in fränkischer Lebensart verwurzelt. Altfränkisch beharrlich, zugleich aber witzig, wendig und fähig, den sich wandelnden Umständen gerecht zu werden. Kurz widersprüchlich, vielfältig, gewürfelt. Passt das für einen Gottesmann, von dem seine Schäfchen zu Recht Festigkeit im Glauben, Halt und Verlässlichkeit in allen Lebensfragen sowie sichere Führung und Anleitung erwarten?

Gottsmannsgrün – nomen est omen – belehrt uns heute eines Besseren. Weihbischof Helmut Bauer ist ein wahrhaft würdiger Gewürfelter.

Als Bauernsohn im unterfränkischen Kahlgrund geboren, ist Weihbischof Bauer bekennender »Unteruffer« und überzeugter Franke. Von den Menschen am Untermain wird berichtet, dass sie unter allen Vertretern der fränkischen Gaue die leichteste Art zu leben haben. Redegewandt, aber nicht geschwätzig, offen und freundlich, aber nicht oberflächlich, sind sie den schönen Dingen des Lebens zugewandt, ohne zu vergessen, woher sie kommen und wem sie ihr Sein zu verdanken haben. Ihr Geburtsort Schimborn, werter Herr Weihbischof Bauer, ist in die weite, offene Landschaft des Kahlgrundes eingebettet. Ihm fehlt der ernste Charakter des Spessarts mit seinen hohen dunklen Wäldern. Freundliche Fluren mit vielen Obstbäumen zieren noch heute seine Umgebung. Seit dem Jahre 2001 sind Sie Ehrenbürger von Mömbris, zu dem Schimborn heute gehört. Für ein paar Stunden »heimgehen« nach Schimborn ist für Sie immer noch eine feste Position im Terminkalender. In Schimborn haben Sie auch »Ihre« Kapelle »Maria im Aufgang« gestiftet.

Sie sind ein Bischof zum Anfassen, der stets mit Freude und unkomplizierter Art den Kontakt zu seinen fränkischen »Schäfchen« gesucht und gepflegt hat, weshalb Sie sich nicht über mangelnde Popularität beklagen können. Sie sind von einer unverkrampften Volkstümlichkeit, fast immer gut gelaunt, naturverbunden, und kombinieren die fröhliche Art der Menschen vom Untermain mit dem Ernst des verantwortungsbewussten Seelsorgers.

Seit vielen Jahren schon »studieren« Sie beim monatlichen Stammtisch mit Freunden in der Würzburger Weinstube Ihres prominenten Amtsvorgängers Julius Echter Speise- und Getränkekarte und bestellen dann mit dem Zusatz »da weiß man, was man hat«, doch immer wieder Bauernbratwürst’ mit Kraut und einen Roten vom Untermain.

Für einen nichttheologischen Stammtisch hat sich der Weihbischof, der von vielen unterfränkischen Gastwirten liebevoll »Wirtekaplan« genannt wird, vor Jahren mit der Begründung entschieden, dass man mal für einige Stunden »Distanz« braucht.

Den Ehrentitel »Wirtekaplan« hat sich Weihbischof Bauer, der derzeit als Diözesanadministrator die Geschicke des Bistums Würzburg leitet, übrigens auf eine ganz spezielle Art erworben: Jedes Jahr begleitet er die unterfränkischen Wirte bei ihrer schon zur Tradition gewordenen Wallfahrt auf den Kreuzberg, wo nach dem Gottesdienst auch anständig gevespert und gesungen wird.

In diesen Zusammenhang passt auch ein Wort des leidenschaftlichen Wanderers zum rechten Gebrauch des Festbieres beim diesjährigen Anstich des ersten Fasses auf dem Würzburger Kiliani-Volksfest: »Du bist nur Gast auf dieser Erde, denn einmal musst Du wandern, und was Du nicht getrunken hast, das trinken dann die andern.«

Ein wichtiges Instrument für Helmut Bauer ist das Wort. Unser Weihbischof ist ein begnadeter, redegewandter und wortgewaltiger Prediger, dem bei einem Fest auch schon mal der eine oder andere Reim über die weihbischöflichen Lippen fließt.

Oder er kommt zu allgemein gültigen Ansichten wie der folgenden: »Wie in der Orgel ist auch in der Gemeinde jede Pfeife wichtig.«

Ihr Kernsatz ist aber wohl: »Mein Leben war immer die Vermittlung des gesungenen Gotteslobes, der Kirchenmusik.« Sie leiteten die Chöre und Blaskapellen der Studienhäuser, an denen Sie tätig waren, blasen Horn und Posaune und entspannen sich beim abendlichen Klavierspiel.

Es kann durchaus passieren, dass Sie bei einem Fest, zu dem Sie geladen sind, selbst zum Taktstock greifen. Besonders gefragt ist dabei das einige Dutzend Strophen lange »Jetzt sing mer’s Lied vom alten Reisbrei …« oder »Lebt denn der alte Hanauer noch?«

Mit dem »Alten Reisbrei« wurden Sie musikalisch sogar zum Missionar fränkischen Volksliedgutes im Ausland. Als 1989 eine Delegation des Bistums Würzburg auf den Spuren des Frankenapostels Kilian in dessen irischer Heimat wandelte, trugen Sie stimmgewaltig Ihren Gastgebern eben jenen ellenlangen Cantus so überzeugend vor, dass diese, obwohl sie kein Wort verstanden, am Schluss den Refrain begeistert mitsangen. Irland-Kundige wissen zu berichten, dass seither das Wort »ricebrie« als geflügeltes Wort Eingang in den Sprachschatz der Bewohner der Grünen Insel gefunden hat.

Sie, sehr geehrter Herr Weihbischof, mit dem Beinamen »Vorsänger der Deutschen Bischofskonferenz« texten und komponieren in voller »Bandbreite«: Als Präfekt im Kilianeum und später als Würzburger Dompfarrer haben Sie alle Jahre einen neuen Faschings-Hit für den Haus- und den Pfarrfasching produziert; aus Ihrer Feder stammt ein »Kissinger-Hütte-Lied«, aber auch das Heilig-Jahr-Lied 2000 »Ewiger Gott, du, Schöpfer der Welt«. Von Martin Luther wird das Wort überliefert: »…singen sie nicht, so glauben sie nicht«. Ihr Glaube war und ist so groß, dass Sie zum Priester berufen wurden. Und ich meine: Gott hat es gut mit den Menschen gemeint, die Sie als Priester in verschiedenen Funktionen und Aufgaben begleiten durften.

Als Priester sind Sie es gewohnt, Ecken und Kanten zu besitzen. Die von Ihnen verkündete und vorgelebte Botschaft lässt es häufig nicht zu, angepasst und stromlinienförmig aufzutreten.

Der Würfel mit seiner markanten Form, seinen Ecken und Kanten, charakterisiert daher sehr treffend Ihren seelsorgerischen Auftrag. Die Widersprüche der menschlichen Seele sind Ihnen geläufig. Sie auszuhalten und auszugleichen und nicht zu verzagen, ist Ihnen stets gelungen. In unermüdlicher Schaffenskraft sind Sie für die Menschen unseres Bistums da. So berichtete jüngst die Presse von 120 Firmungen, 15 Orgelweihen und einer Vielzahl von Jubiläumsterminen, die Sie allein im letzten Jahr absolvierten.

Doch auch in der Kirche lassen Sie es nicht an Geist und Witz fehlen. So berichtete die Zeitung anlässlich der diesjährigen Feier Ihres 70. Geburtstages auf dem Kreuzberg von der Messe in der frisch renovierten Klosterkirche: »Bischof Helmut Bauer begann den Gottesdienst – selten genug in einer Kirche – mit einem Witz, der ein Körnchen Wahrheit enthielt. Eine gute und eine schlechte Nachricht habe er für die Gäste. Die Gute: Das Geld für die neue Orgel ist schon da! Die Schlechte: Es steckt noch in Euren Taschen!«

Fazit: Wenn das kein würdiger Gewürfelter ist in seinem Witz, seiner Wendigkeit und seinem Widerspruch?

Dr. PAUL BEINHOFER
Regierungspräsident von Unterfranken