Auszeichnung: 2024 – Bad Windsheim
Laudatio
Sehr geehrte Festgäste,
liebe Alt- und Neugewürfelte,
begrüßen Sie mit mir und einem donnernden Applaus, unsere neue mittelfränkische Gewürfelte, eine „echte Fränkin“ – Frau Evi Kurz!
Liebe Frau Kurz,
Sie sind nicht nur gebürtige Fürtherin. Die Kleeblattstadt hat Sie lebenslänglich in ihren Bann gezogen und geprägt. Dass Sie immer noch in Fürth leben, liegt natürlich vor allem auch an Ihrem Mann, der Sie damals durch seinen Heiratsantrag davon abgehalten hat, Ihre Heimatstadt zu verlassen. Mit ihm haben Sie zwei wunderbare Töchter. Seien auch Sie herzlich willkommen, lieber Herr Kurz!
Evi Kurz studierte zunächst Erziehungswissenschaften an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Während Ihres Studiums hat sie auch in einer Band gesungen und das ist erwähnenswert, denn als das Bayerische Fernsehen für sein neues Studio in Nürnberg eine „echte Fränkin“ als Moderatorin für die „Frankenschau“ suchte, waren sich Ihre Bandkollegen einig: „Evi, das wär` doch genau dein Ding!“
Den BR hatten Sie, liebe Frau Kurz, sehr schnell überzeugt – und so wurden Sie damals, im Jahr 1979, aus mehreren hundert Bewerberinnen als Fernsehjournalistin und Moderatorin für die „Frankenschau“ ausgewählt. Bereits damals haben Sie bewiesen, dass Sie eine echte Power-Frau sind! Drei Jahre lang arbeiteten Sie parallel als Lehramtsanwärterin und als TV-Moderatorin – vormittags in der Schule, dann schnell zu Hause die Garderobe gewechselt und ab zum Studio, erst in die Maske und dann vor die Kamera. Sie wollten unbedingt Ihr Zweites Staatsexamen machen und Ihr Lehramtsstudium abschließen, was Ihnen mit Bravour gelungen ist. Doch der BR ließ nicht locker und machte Ihnen weitere reizvolle Angebote, die Sie so fasziniert haben, dass Sie sich ganz für den Beruf als Fernsehjournalistin und Moderatorin entschieden haben. Nach der „Frankenschau“ moderierten Sie dann auch die „Abendschau“, „Jetzt red i“ und die „Rundschau“ – letztere oft mit Günther Jauch an Ihrer Seite.
Aber, liebe Frau Kurz, damit nicht genug. Bereits in Ihrer Zeit beim BR fanden Sie das Verfassen und Produzieren von Filmportraits oder Dokumentationen sehr spannend. Um auch eigene Herzensprojekte realisieren zu können, gründeten Sie Im Jahr 2003 in Fürth Ihre Film- und Fernsehproduktionsfirma TLF-TimeLineFilm GmbH, die vor allem zeitgeschichtliche TV-Dokumentationen produziert.
Ein Thema war und ist Ihnen, liebe Frau Kurz, besonders wichtig: die Erinnerung an den Holocaust und das Schicksal jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger. Vor allem das Leben der Fürther Familie Kissinger hat Sie sehr berührt. Sie hatten die Idee und den Wunsch, einen Dokumentarfilm über das Leben des ehemaligen US-Außenministers Henry Kissinger und seines Bruders Walter zu drehen und nahmen deshalb mit Henry Kissinger Kontakt auf. Ihre erste Anfrage beantwortete er kurz und bündig mit „I never give interviews about my personal life“. Er hatte aber wohl nicht mit dem fränkischen Charme und der Ausdauer einer Frau Kurz gerechnet. Etwa 2 Jahre später sprach Henry Kissinger erstmals vor laufender Kamera über seine Kindheit in Deutschland, seine Flucht 1938 vor dem Nazi-Regime und sein Leben in den USA.
Liebe Frau Kurz, Ihr Dokumentarfilm „Die Kissinger-Saga. Walter und Henry Kissinger – Zwei Brüder aus Fürth“ wurde im Jahr 2006 ausgestrahlt, das gleichnamige Buch erschien im Jahr 2007.
Ein weiterer bedeutender Film von Ihnen erschien 2010 in der ARD zum 20. Jahrestag der Wiedervereinigung – „Die Brückenbauer Henry Kissinger, Fritz Stern und Lord George Weidenfeld – Jüdische Emigranten und die Wiedervereinigung“. Danach wollten Sie eigentlich etwas kürzertreten und eine „schöpferische Pause“ einlegen. Aber wieder einmal kam alles anders als geplant. Und das hatte erneut zu tun mit einer herausragenden Persönlichkeit aus der Politik, dem ehemaligen Bundeskanzler Ludwig Erhard.
Liebe Frau Kurz,
auf Ihre Initiative hin wurde bereits im Jahr 2002 der Ludwig-Erhard-Initiativkreises Fürth e.V. gegründet, dessen 1. Vorsitzende Sie sind. Sie sind außerdem Vorsitzende des Vorstands der 2013 gegründeten Stiftung Ludwig-Erhard-Haus. Verein und Stiftung setzen sich maßgeblich dafür ein, das Andenken an Ludwig Erhard in seiner Geburtsstadt Fürth lebendig zu halten und zu fördern.
Zu diesem Zweck sollte in Fürth ein Ludwig Erhard Zentrum errichtet werden. Keine Frage – ein Herzensprojekt für Sie, liebe Frau Kurz. Selbstverständlich packten Sie mit an und setzten sich rund um die Uhr für den Aufbau des Ludwig Erhard Zentrums in Ihrer Heimatstadt ein. Dabei stellten Sie einmal mehr Ihre Ausdauer und Beharrlichkeit unter Beweis: Seit 1993 befanden sich umfangreiche ehemalige Besitztümer Ludwig Erhards in anonymer Privathand. Erst nach aufwändiger Recherche und mehrjährigen Verhandlungen konnten Sie, liebe Frau Kurz, den Nachlass aus Südafrika erwerben und dahin zurückbringen, wo er hingehört: nach Fürth!
Eingeweiht wurde das Ludwig Erhard Zentrum am 20. Juni 2018 von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und dem Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder. Auch Ihr ehemaliger BR-Kollege Günther Jauch ließ es sich, liebe Frau Kurz, nicht nehmen, bei der Einweihungsfeier mit dabei zu sein. Mit dem umgestalteten Geburtshaus von Ludwig Erhard und dem gegenüberliegenden Neubau hat Fürth nun ein deutschlandweit einmaliges Dokumentations-, Ausstellungs-, Begegnungs- und Forschungszentrum für Ludwig Erhard und die Soziale Marktwirtschaft. Sie, liebe Frau Kurz, leiten dieses Zentrum als ehrenamtliche Vorstandsvorsitzende der Stiftung Ludwig-Erhard-Haus mit großartigem Engagement und viel Leidenschaft, was jeder, der schon mal dort war – sei es in der Ausstellung oder auf einer Veranstaltung – sicher bestätigen kann. Im Mittelpunkt steht die Würdigung der Ideen und des Wirkens von Ludwig Erhard. Darüber hinaus gibt es aber auch einen spektakulären Zukunftsraum mit modernster digitaler Museumstechnik, der einen die großen Herausforderungen und Themen unserer Zeit auf besondere Art und Weise näherbringt.
Seit 2003 verleiht der Ludwig-Erhard-Initiativkreis Fürth e.V. jedes Jahr im Rahmen eines Festakts im Fürther Stadttheater den Fürther Ludwig-Erhard-Preis als Anerkennung für praxisnahe wissenschaftliche Leistungen. Auch hierfür waren Sie, liebe Frau Kurz, die Ideengeberin.
Die Verbundenheit mit Ihrer Heimatstadt haben Sie 2007 in Ihrem Film „1000 Jahre Fürth – Ein Stadtportrait“ anlässlich der Tausendjahr-Feier der Stadt Fürth in ganz besonderer Weise zum Ausdruck gebracht.
Ebenfalls Ihrer Initiative ist es zu verdanken, dass die Stadt Fürth seit 2012 jedes Jahr den Louis-Kissinger-Preis für engagierte Lehrkräfte aller Schularten verleiht. Dieser Preis soll an Louis Kissinger erinnern, den Vater Henry Kissingers und Lehrer am damaligen Mädchenlyzeum, dem heutigen Helene-Lange-Gymnasium.
Liebe Frau Kurz,
aus Ihren Begegnungen mit Henry Kissinger und seinem Bruder Walter für die Dreharbeiten zu dem Film erwuchs im Laufe der Zeit eine tiefe Freundschaft mit der gesamten Familie Kissinger. Deshalb war es Ihnen auch ein Herzensanliegen, den Wunsch Henry Kissingers zu erfüllen, seinen 100. Geburtstag auch in seiner Heimatstadt Fürth zu feiern. Sie haben ihn und seine Familie bei der Organisation seiner – was damals noch keiner ahnen konnte – letzten Reise nach Deutschland in herausragender Weise unterstützt und haben im Sommer 2023 für ihn im Stadttheater Fürth einen großartigen und für alle sehr bewegenden Festakt mit vielen prominenten Gästen aus nah und fern ausgerichtet.
Bei all diesem Engagement – und es gäbe noch viel mehr zu berichten – überrascht es nicht, dass Ihre Verdienste, liebe Frau Kurz, bereits in der Vergangenheit durch verschiedenste Auszeichnungen und Ehrungen öffentlich gewürdigt wurden.
In Dankbarkeit für Ihr herausragendes Engagement auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet und als Botschafterin der Stadt hat Ihnen die Stadt Fürth bereits im Jahr 2010 die Goldene Bürgermedaille verliehen, die genau 35 Jahre zuvor auch Ihr Freund Henry erhalten hatte.
2016 erhielten Sie vom damaligen Finanzminister Dr. Markus Söder die Finanzmedaille, insbesondere auch für Ihr Engagement für bayerische Unternehmerpersönlichkeiten. Drei Jahre später zeichnete Sie – diesmal – Herr Ministerpräsident Dr. Markus Söder mit dem Bayerischen Verdienstorden aus.
Im Jahr 2023 wurde Ihnen von Ihrer alma mater, der FAU Erlangen-Nürnberg die Ehrenbürgerwürde verliehen.
Verehrte Frau Kurz,
Ihre Vita ist wahrlich beeindruckend, voller Überraschungen, immer wieder neu eingeschlagene Wege und ohne jegliche Scheu vor fremdem Terrain. Lehrerin – Musikerin – Journalistin und Moderatorin – Filmemacherin – Autorin – Museumsleiterin … Ihre Vielseitigkeit und Ihr Optimismus sind kaum zu übertreffen! „Geht nicht – gibt’s nicht!“ und „Man kann alles lernen!“ sind Ihre Devisen. Notfalls übernehmen Sie in Nachtschichten die einzelnen Produktionsschritte für Ihre Filme einfach selbst. Für die Arbeit jetten Sie gerne um die halbe Welt, private Reisen oder gar „Urlaub“ stehen eher im Hintergrund. Sie sind am glücklichsten, wenn Sie arbeiten dürfen. Sie sprühen vor Ideen, sind für alle möglichen Themen schnell zu begeistern und lassen sich nie von Hindernissen entmutigen, sondern packen mit Elan und Zuversicht an. Keine Frage – Sie wollten und wollen immer etwas bewegen.
Und wenn Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt denken, dass das Lehrerinnen-Dasein unserer Neugewürfelten dabei auf der Strecke geblieben ist oder die vielversprechende und lukrative Karriere als Sängerin, Querflötistin und Moderatorin ihrer Band – weit gefehlt!
Im Ludwig Erhardt Zentrum hat sich Ihr Kreis geschlossen: dort sind Sie Pädagogin, Entertainerin, Filmemacherin, Café-Betreiberin und noch vieles mehr.
Wer hätte da auch noch den kleinsten Zweifel an Ihrer Wendigkeit, Ihrer Witzigkeit und Ihrem Einfallsreichtum?
Und woran zeigt sich die widersprüchliche Evi Kurz?
So sehr an der Vergangenheit interessiert, und doch so quicklebendig und engagiert der Zukunft zugewandt.
So hartnäckig und beharrlich in der Verfolgung ihrer Ziele und doch dabei so liebenswürdig und charmant.
So erfolgreich in so vielen Bereichen und doch so bodenständig, dankbar und demütig.
Liebe Frau Kurz,
Ihre Persönlichkeit, Ihre Vita und Ihr großartiges Engagement sprechen für sich!
Als Regierungspräsidentin von Mittelfranken und auch ganz persönlich freue ich mich sehr, dass ich Ihnen heute den Frankenwürfel 2024 verleihen darf.
Herzlichen Glückwunsch und herzlich willkommen im Kreise der fränkischen Gewürfelten!
DR. KERSTIN ENGELHARDT-BLUM
Regierungspräsidentin von Mittelfranken