Auszeichnung: 2018 – Thurnau
Laudatio
Zwischen unserem diesjährigen unterfränkischen Gewürfelten Eberhard Schellenberger und dem Frankenwürfel besteht schon sehr lange eine Verbindung, sei es in seiner Funktion als Regionalleiter des BR-Studios Mainfranken in Würzburg, als Anreger für einige unterfränkische Gewürfelte in der Vergangenheit oder als Informant und gewissermaßen freier Mitarbeiter meines Hauses in Frankenwürfelangelegenheiten, allerdings ohne Gage. Er war auch mein erster Kontakt nach Unterfranken an dem Tag, als der Ministerrat bekannt gegeben hatte, dass ich Regierungspräsident von Unterfranken werden sollte. Damals noch im Amt des Regierungsvizepräsidenten der Oberpfalz wurde ich sofort für ein Ferninterview in das BR-Studio nach Regenburg gebeten und von Eberhard Schellenberger für die Mittagssendung auf Welle Mainfranken als gebürtiger Oberbayer in puncto Unterfrankentauglichkeit auf Herz und Nieren geprüft. Ich habe mich dabei ganz wacker geschlagen, doch eines hing mir seit diesem Interview lange nach. Auf seine Frage, was ich abends trinke, antwortete ich wahrheitsgemäß: „Zunächst ein Weißbier gegen den Durst und dann einen guten Weißwein.“ Leider ist den Zuhörern offensichtlich nur das Weißbier in Erinnerung geblieben und so wurde ich nach meinem Amtsantritt hier in Unterfranken häufig darauf angesprochen: „Ach, Sie sind der komische Mensch, der Weißbier trinkt.“ Diesen Spruch, lieber Herr Schellenberger, haben Sie mir eingebrockt.
Nun möchte ich gewissermaßen als späte, kleine Revanche die Frankenwürfeltauglichkeit unseres beliebten Radiomannes ins Visier nehmen. Zur Welt gekommen ist er zwar in Oberfranken, im Krankenhaus in Bamberg, doch mit seinem damaligen Wohnort in Zeil am Main dürfen wir ihn von Anfang an als Unterfranken verbuchen, der seiner Heimat zeitlebens treu geblieben ist. Nach der Grundschulzeit in Zeil a. Main besuchte er das Internat in Bad Königshofen, wo er auch das Betten machen lernte. Ob er diese Fertigkeit noch heute zuhause einbringt, ist mir nicht bekannt. Schon damals erkannte Schwester Konradine treffsicher das Wesen von Klein Eberhard, das sie mit den Worten umschrieb: „Er war ein nettes Schlitzohr“, was ich als erstes Indiz für seine Witzigkeit werten möchte. Mit 16 Jahren wechselte er in das katholische Internat Schloss Hersberg in Immenstadt am Bodensee, wo er auch das Abitur ablegte. Beim dortigen Internatsleiter Pater Buhleier hatte er wohl auch einen Stein im Brett, sagte dieser doch: „Der Eberhard war ein positiver Lichtblick in seiner Klasse; er war kein Teil der Rebellion“.
Eberhard Schellenberger sagt von sich selbst, dass er schon als Kind ein großer Geschichtenerzähler war. Wenn er als Kind Milch holen musste beim Bauern, hat er alle Nachbarn zugequatscht. An der heimischen Gartentür wieder angelangt, entschuldigte er sich gar dafür, dass er jetzt zuhause sei, wo er doch noch so viel zu erzählen hätte. So schwebte ihm beruflich auch immer etwas vor, was mit Reden zu tun hatte. Wollten andere Kinder in seinem Alter Polizist, Pilot oder Feuerwehrmann werden, hat er aus seinem Hang zum gesprochenen Wort für sich den Beruf des Pfarrers auserkoren. Ich bin der festen Überzeugung, als sprachgewaltiger, schlitzohriger Pfarrer hätte Eberhard Schellenberger regelmäßig viele Schäflein um sich geschart und Kirchen bis auf den letzten Platz gefüllt.
Sein beruflicher Werdegang nahm dann zwar einen anderen Lauf, doch seine ausgeprägte Sprachbegabung kommt dabei voll zum Einsatz, wie er es sich schon als Bub immer gewünscht hat. Nach dem Abitur absolvierte er ein Volontariat beim Haßfurter Tagblatt und wechselte 1980 in das frisch gegründete Regionalstudio des Bayerischen Rundfunks nach Würzburg, zunächst als freier Mitarbeiter, ab 1983 als Redakteur und seit 1996 als Redaktionsleiter. Martin Wagner, der aktuelle Hörfunkdirektor des BR sagt: „Das war das beste Personalgespräch, das ich je geführt habe.“ Als heimatverwurzelter Unterfranke und treue Seele ist der dreifache Vater bis heute die Stimme, aber auch das Gesicht des Regionalstudios Mainfranken, und niemals wäre es ihm in den Sinn gekommen, Unterfranken den Rücken zu kehren. Nicht ganz auszuschließen ist allerdings, dass seine bessere Hälfte, Ehefrau Monika, dabei gewaltig die Finger im Spiel hatte. Von Anfang an hat sie ihm klipp und klar zu verstehen gegeben: „Wenn Du in München Karriere machen willst, darfst Du mich nicht heiraten; da geh ich nicht hin.“ Der Liebe zu Unterfranken und zu seiner Herzensdame haben wir es so wohl zu verdanken, dass wir viele Radiosternstunden mit Eberhard Schellenberger als Reporter erleben durften. Herausgeragt hat dabei sicherlich sein Bericht über die deutsche Wiedervereinigung direkt von der deutsch-deutschen Grenze.
Er ist aber nicht allein ein Mann der sprechenden Zunft, sondern auch als „Heavy-User“ in den sozialen Netzwerken Twitter und Facebook unterwegs, wo sich neben anderem seine zunächst gesprochenen Nachrichten häufig auch in Textform wiederfinden. Hier stellt er seine Wendigkeit unter Beweis.
Zitate von ihm selbst belegen eindrucksvoll, dass er beim BR seine Berufung gefunden hat: „Radiomachen ist mein Leben und für mich der schönste Beruf der Welt.“ Und noch eines: „Es gibt nichts Schöneres, als mit Radio Bilder im Kopf der Hörer zu erzeugen.“ Von Schreibtischarbeit und Konferenzen in München und Nürnberg erholt er sich am Mikrofon, im mainfränkischen Mittagsmagazin, vor allem aber auch in den Volksmusiksendungen. Nur ein einziges Mal war es mit der Erholung bei einer Volksmusiksendung vorbei, als er kurz vor der Sendung im Lastenaufzug stecken geblieben ist und diesen mit gewaltigem Bluthochdruck verlassen hat.
Eberhard Schellenberger verbindet bei seiner Arbeit seine Liebe zur Heimat mit gesunder Kritik, die einem Journalisten zu Eigen sein muss, unter dem Motto: „In kritischer Nähe zur Heimat“. So lautet auch der Titel seines Buches über seine Arbeit im Studio Mainfranken. Danach befragt, was Heimat für ihn ist, erhält man als Antwort: „Wenn ich früh über den Würzburger Stein durch die Weinberge in unser Studio laufe. Der Blick über die Kirchtürme von Würzburg, die Festung, die alte Mainbrücke, die Residenz und der Main. Auch nach Jahren bekomme ich da noch eine Gänsehaut.“ Hier fühlt sich Eberhard Schellenberger wohl, weil er über die Vielfalt der eigenen Heimat in „kritischer Liebe“ – wie er es nennt – berichten kann und dabei den Menschen ein Lebensbegleiter in Freud und Leid sein kann. Diese Freude tritt besonders auch beim Internationalen Würzburger Kinderfest, dem größten Kinderfest Bayerns, zutage, für das er ehrenamtlich in der Organisation tätig und beim Bühnenprogramm mit seiner bekannten Radio-Stimme im Einsatz ist.
So, aber was macht denn nun den Privatmann Eberhard Schellenberger eigentlich aus? Er muss gelegentlich im „Stübchen“, der von seiner Ehefrau Monika betriebenen Kinderkrippe fachfremd mit anpacken und stellt auch damit seine Wendigkeit unter Beweis. Das Wenden praktiziert er im Übrigen auch regelmäßig, wenn er zuhause Tischdecken auflegt. Diese legt er treffsicher zunächst verkehrt herum auf den Tisch und muss dann nochmal Hand anlegen. Zu seinen vielen Hobbys zählen auch das Singen, das Rad fahren quer durch Unterfranken oder auch nur über den Würzburger Stein und der Sport, hier vor allem Basketball und Fußball, allerdings in der passiven Variante. Als Fan des 1. FC Nürnberg teilt er mit Ihnen, Herr Minister Maurer, dasselbe Schicksal. Ihnen beiden wird regelmäßig ein hohes Maß an Leidensfähigkeit abverlangt, aber bekanntlich ist geteiltes Leid, halbes Leid und man kann doch als „Clubberer“ dann so schön auch wieder gemeinsam Aufstiege feiern.
Ganz im Widerspruch zu seiner Heimatliebe steht Eberhard Schellenbergers Interesse am fernen Weltraum; so konnte er früher schon alle Besatzungen sämtlicher Apollo-Missionen auswendig aufzählen. Dazu passend sein Faible für Star Wars-Filme, zu deren nächtlichen Previews er dann auch schon mal verkleidet erscheint.
Eberhard Schellenberger moderiert nicht nur Volksmusik beim BR, sondern macht auch selbst Musik, Man mag es kaum glauben, der Fan von Queen und Tom Astor spielt Geige, auch wenn er auf diesem Instrument ein „Spätberufener“ ist. Den Geigenunterricht in seiner Internatszeit am Bodensee hat er so sehr gehasst, dass es ihm gelegen kam, als plötzlich die Geige verschwunden war. Man munkelt, er habe diese im See versenkt, was er allerdings jahrelang hartnäckig bestritten hat. Sei´s drum. Im Vorfeld seines 60. Geburtstages hat er dann Geigenunterricht genommen und seine Gäste mit virtuosem Spiel begeistert.
Heute ist der Tag gekommen, Eberhard Schellenberger in den erlauchten Kreis der Frankenwürfelträger aufzunehmen. Damit bleibt das „nette Schlitzohr“ der Frankenwürfelfamilie erhalten, auch wenn er später einmal beim BR das Mikrofon aus der Hand legt. Lieber Herr Schellenberger, ich darf anlässlich meines in wenigen Wochen anstehenden eigenen Abschieds aus dem Amt des Regierungspräsidenten von Unterfranken heute auch ganz persönlich danke sagen für die zurückliegenden nahezu 19 Jahre, in denen wir uns zu unterschiedlichsten Anlässen immer wieder begegnet sind, wobei ein geradezu freundschaftliches Verhältnis entstanden ist. Sie waren mein erster dienstlicher Kontakt nach Unterfranken und Sie sind heute der letzte unterfränkische Frankenwürfelträger, den ich in meiner Amtszeit küren darf. Herzlich willkommen im Kreis der Gewürfelten und auf viele weitere Begegnungen, am Würzburger Stein, der auch zu meinen bevorzugten Aufenthaltsorten gehört, oder auch anderswo im schönen Mainfranken.
DR. PAUL BEINHOFER
Regierungspräsident von Unterfranken