Auszeichnung: 2018 – Thurnau
Laudatio
Es war ganz sicher eine glückliche Fügung, dass dem Stappenbacher Landwirtsehepaar Denzler nach dem ältesten Sohn und fünf Töchtern doch noch ein Junge geboren wurde. Ansonsten hätte nämlich der Erstgeborene später den elterlichen Hof übernehmen müssen. Zweifellos hätte Günther auch einen guten Landwirt abgegeben, auch wenn es ihn schon immer mehr zu den Büchern als zur Ackerscholle gezogen hatte. Aber Landrat und Bezirkstagspräsident wäre er dann wahrscheinlich nicht geworden.
Erst mit dem zweiten männlichen Nachwuchs als potentiellem Hoferben ließ der Vater davon ab, dass der Älteste in seine landwirtschaftlichen Fußstapfen treten solle. Nach einem Schnellkurs in Latein beim Ortspfarrer durfte der Bauernbub tatsächlich aufs Theresianum nach Bamberg, machte sein Abitur und studierte Jura und Politikwissenschaft in Würzburg, Regensburg und Bamberg.
Der oberfränkische Bezirksheimatpfleger Professor Dippold hat die Schilderung der ersten Lebenswende Günther Denzlers mit dem durchaus mutigen Schritt aufs Gymnasium in einem Schulaufsatz des damals Zwölfjährigen entdeckt. Ihr sollten noch einige weitere Wendungen folgen. Die beruflichen Stationen an der Regierung, am Landratsamt Bamberg und an der Otto-Friedrich Universität ließen eine Laufbahn im höheren Verwaltungsdienst erwarten. Aber dann bog er doch noch einmal ab und startete in der Kommunalpolitik durch, was ihn zunächst bis auf den Chefsessel des Bamberger Landratsamtes brachte.
Das Wendige ist eines der hervorstechenden Charaktermerkmale des gewürfelten Franken. Gemeint ist damit nicht ein zögerliches Wanken nach links und nach rechts, sondern ganz im Gegenteil Mut und Entschlossenheit, um sich wechselnden Situationen anzupassen und neue Herausforderungen anzunehmen. Für einen Landrat, der sich tagtäglich in einem Geflecht unterschiedlichster Interessen und Begehren bewähren muss, gehört das fränkisch Wendige per se zum notwendigen Handwerkszeug. Erst recht aber für einen wie Dr. Günther Denzler, der dann sogar noch zusätzlich zum Bezirkstagspräsidenten gewählt wurde.
Über mangelnde Beschäftigung brauchte er sich in seiner Doppelfunktion gewiss keine Sorgen zu machen. „Wenn man seine Arbeit gerne macht, bringt man vieles unter einen Hut“, verriet er einmal der Zeitung sein Erfolgsrezept und vergaß zugleich nicht die Menschen an seiner Seite, ohne die er die enorme Aufgabenfülle nach eigenem Bekunden nie hätte bewältigen können:
die verständnisvolle Familie, die kompetente Verwaltung, die kooperativen Bezirkstagskollegen, die tüchtigen Chefsekretärinnen und den zuverlässigen Chauffeur.
Dass er darüber hinaus ein ordentliches Maß an Disziplin, Fleiß und Organisationstalent an den Tag legte, dazu eine außergewöhnliche Einsatzbereitschaft und Fachkompetenz in den unterschiedlichsten Aufgabenbereichen, verschwieg er in typisch fränkischer Bescheidenheit.
Trotz der hohen Ämter hat Günther Denzler nie die Bodenhaftung verloren. Die Kindheit und Jugend auf dem Land, die Erziehung im christlichen Glauben, frühe Verantwortung auf dem elterlichen Hof und ein Leben in und mit der Natur haben ihn geerdet und wichtige Werte vermittelt.
„Sage, was du denkst, und tue, was du sagst!“, so lautet einer seiner Leitsprüche, der sein Denken, Reden und Handeln bis auf den heutigen Tag bestimmt.
Selbst politische Konkurrenten schätzten ihn als aufrichtigen, wahrhaftigen und ehrlichen Kollegen, auf den immer Verlass war. Heute so und morgen so gab es bei ihm nicht. Er sagte seine Meinung gerade heraus und mit klarer Kante, aber immer in einer Form, dass man sich nachher wieder in die Augen schauen und die Hand schütteln konnte. Er setzte lieber auf die Kunst der Diplomatie als auf den Hieb mit der Streitaxt. Wenn es aber sein musste, um die Interessen der Region zu wahren, erlaubte er sich durchaus auch einmal ein deutliches „So nicht!“ wie etwa beim hartnäckigen Kampf für einen gerechteren Finanzausgleich der Bezirke.
Günther Denzler zeichnet eine offene Herzlichkeit aus, eine Empathie, die das Gegenüber ernst nimmt und ihm Interesse entgegen bringt. Schabernack und Schelmereien überlässt er den anderen. Vielmehr beweist er feinsinnigen und hintergründigen Humor mit Charme und Niveau.
Seine freundliche und zugewandte Art und sein elegantes Auftreten sollten aber nicht darüber hinweg täuschen, dass er ein gewitzter Verhandlungspartner sein konnte, altfränkisch beharrlich, wie es Hans Max von Aufseß ausdrückt, geschickt und klug, durchsetzungsstark und nie den Überblick verlierend.
Gerne war er zu Kompromissen bereit, aber nicht zu faulen. Er wollte überzeugen und überzeugt werden, um das Bestmögliche für die Menschen zu erreichen, die ihm in seinen Ämtern anvertraut waren.
Sein Amt als Bezirkstagspräsident wollte es, dass er dann doch überraschend wieder zu seinen bäuerlichen Wurzeln zurückkehrte. Denn auf einmal war er auch Chef der Landwirtschaftlichen Lehranstalten, wo angehende Landwirte das Rüstzeug für ihren anspruchsvollen Beruf erhalten.
Dem obersten Bezirkslandwirt Günther Denzler machte in Fragen zu Ackerbau und Viehzucht so schnell keiner etwas vor. Die hochmoderne Ausbildungseinrichtung in der Bayreuther Adolf-Wächter-Straße und die oberfränkische Landwirtschaft lagen ihm sehr am Herzen. Dafür wurde er sogar ausgezeichnet mit der „Goldenen Kartoffel“ der Stadt Rehau. Das war eine gute Wahl, denn schließlich hatte Günther Denzler sein erstes Geld als kleiner Bub ausgerechnet bei der Kartoffellese verdient. Die Erdknolle schätzt er, wie es sich für einen rechtschaffenen Franken gehört, nach wie vor, ob als Baggers, als Kartoffelsalat oder selbstverständlich als Klöß, so wie sie schon zu seinen Kindertagen zu Hause bei Denzlers drei Mal die Woche auf den Tisch kamen.
Außer für die Klöß war Günther Denzler für mannigfaltig weiteres oberfränkisches Kulturgut verantwortlich, denn die Kulturarbeit ist eine der wichtigsten Aufgaben der Bezirke. Neben den großen Kulturdampfern wie z.B. den Bayreuther Festspielen oder den Bamberger Symphonikern bereiteten ihm besonders all die Initiativen und Projekte Vergnügen, welche die kulturelle Vielfalt Oberfrankens veranschaulichen und eine gemeinsame Identität vermitteln, vom Mundart-Theater-Tag in Kleinlosnitz über das Oberfränkische Volksmusikfest bis hin zur Trachtenberatung und dem Rockmusikwettbewerb R.I.O.! – Rock in Oberfranken.
Mit dem „Wischkästla“ als oberfränkische Entsprechung für das Smartphone stellte Günther Denzler im Jahr 2015 erstmals das Oberfränkische Wort des Jahres vor. Den Wettbewerb, an dem sich jeder mit originellen Einsendungen beteiligen kann, hat er zu einer festen Institution werden lassen. Jedes Mal vor der Verkündung ist die Spannung groß, welcher muttersprachliche Ausdruck wohl dieses Mal das Rennen gemacht hat. Wenn die Oberfranken dann nachher eifrig über das neue Wort des Jahres räsonieren, dann hat der Wettbewerb seinen Zweck allemal erfüllt.
Viermal lud Günther Denzler in seiner Amtszeit als Bezirkstagspräsident auch zum Tag der Franken nach Oberfranken ein und präsentierte dabei eine traditionsbewusste und zugleich moderne, innovationsbereite Zukunftsregion in der Mitte Europas. Er bahnte auch den Weg für den nächsten Tag der Franken, der im Jahr 2019 erstmals grenzüberschreitend in den Partnerstädten Neustadt bei Coburg und Sonneberg in Thüringen gefeiert wird.
Als Bezirkstagspräsident wird er dann nicht mehr dabei sein, höchstens als interessierter Privatmann und überzeugter Franke. Das Ausscheiden aus dem Amt versüßt hat ihn die Wertschätzung, die er in den vergangenen Wochen bei zahlreichen Abschiedsbesuchen landauf landab in den Einrichtungen des Bezirks und bei langjährigen Mitstreitern erfahren hat.
Jetzt darf aber auch einmal Zeit sein für die Dinge, die bisher zu kurz gekommen sind. Reisen in andere Länder warten auf ihn, der Garten und viel Literatur, die es zu entdecken gilt. Nicht mehr die juristischen Fachbücher und Rechtskommentare, sondern eher das Schöngeistige. Seine Frau Sonja, dazu die beiden Töchter und die geliebten Enkelkinder Anna und Alexander und nicht zuletzt sein Hund Harly werden schon dafür sorgen, dass es ihm nicht langweilig wird.
Und schließlich wird er wie die beiden anderen heutigen Preisträger ab jetzt einmal im Jahr am Martinstag eingeladen, um die Zahl seiner gewürfelten Artgenossen wieder um einige witzige, wendige und widersprüchliche Exemplare zu erweitern.
Der Frankenwürfel rollt dieses Jahr nach Pödeldorf in den Landkreis Bamberg zu einem Mann, der sich zeit seines Lebens mit Herzblut für Oberfranken eingesetzt hat.
Lieber Günther Denzler, dafür meinen Dank, meinen Glückwunsch und mit dem Applaus der ganzen Versammlung ein herzliches Willkommen im Kreis der gewürfelten Franken!
HEIDRUN PIWERNETZ
Regierungspräsidentin von Oberfranken