Auszeichnung: 2012 – Kulmbach
Laudatio
„Mumbflert“ soll er sein, der Franke, träge, mürrisch, verschlossen, frei nach dem Motto „Der Franke ist ein umgänglicher Mensch – so lange man ihn nicht anspricht!“. Sein Humor sei eher nach innen gerichtet und, nunja, nicht immer für alle sichtbar.
Und trotzdem: der Humor aus Franken erobert seit Jahren das gesamte Bundesgebiet. Sicher ein Drittel der namhaften Vertreter der Kabarett- und Comedy-Szene kommt aus Franken und „Fastnacht in Franken“ aus Veitshöchheim ist zur Kultsendung des Bayerischen Rundfunks mit höchsten Zuschauerquoten in ganz Deutschland geworden. Warum kommen der Franke, seine Sprache, sein Humor trotz aller Vorurteile über seinen Charakter „draußen“ derzeit so gut an? Letztendlich weiß das wohl keiner so recht – denn es gab den fränkischen Humor schon immer und seit langem. Für mich gibt es zwei Erklärungen, die mir sympathisch sind. Da sind die weichen und angenehmen Laute der fränkischen Sprache, das weiche „p“ und „t“, das die Menschen überall im deutschsprachigen Raum fasziniert. Und da ist die Direktheit, Trockenheit, Selbstironie und das leicht Missmutige des fränkischen Humors, das sich aus der Geschichte der Franken erklären könnte. Seit über 200 Jahren sind wir mit den Altbayern verbunden, dem „Mia-san-Mia-Stamm“, der uns oft genug nur die Flucht in die Selbstironie gelassen hat und uns in der Resignation die stärkste Waffe zücken lässt, den direkten, trockenen Humor. Oder wie erklären Sie es sich, dass der meistgebrauchte Spruch der Franken über ihre Lieblingsfußballmannschaft lautet: „Der Club is a Depp“, wohlgemerkt mit einem Unterton, der unsere dauerhafte Sympathie mit diesem Club zum Ausdruck bringt, trotz oder gerade wegen der Erfolge des FC Bayern München. Ja, der Franke ist ein „Gewürfelter“, wie es Hans Max von Aufseß so trefflich dargestellt hat, und das zeigt sich auch im fränkischen Humor, wendig, witzig und widersprüchlich.
Einer der herausragenden Vertreter dieses fränkischen Humors ist durch Geburt, Leben und Werk durch und durch mit Franken verbunden. Es ist der diesjährige mittelfränkische Preisträger Bernd Händel, witzig, wendig, aber natürlich auch widersprüchlich, ganz wie es unsere Statuten für einen Gewürfelten erfordern. Heißen wir daher Bernd Händel, den Sitzungspräsidenten von „Fastnacht in Franken“ mit einem donnernden Applaus und mit einem dreifachen Helau herzlich willkommen.
Bernd Händel hat Humor und Fasching quasi mit der Muttermilch aufgesogen. Seine Eltern hatten Ende 1954 die „Buchnesia“ aus der Taufe gehoben, den bis heute noch existierenden bekannten Fastnachtverein aus Buch bei Nürnberg, sein Vater Willy Händel gründete mit Karl Vogt Anfang der 60er Jahre die legendären „Nürnberger Peterlesboum“, ein Komiker-Duo, das mit Herbert Hisel die 60er und 70er Jahre aufmischte.
Bernd Händel war oft in diesen Jahren mittendrin – nicht nur dabei. Seinen ersten „Auftritt“ als Kinderstar hatte er bereits mit sechs Jahren auf einem Kindernachmittag der „Buchnesia“, wo er einfach ein paar Lieder seines Vaters sang, was super ankam. Ein Mühlespiel von einem Zuschauer war seine erste Gage, womit er sich heute wohl nicht mehr zufrieden geben würde.
1974 erfolgte dann der erste Bühnenauftritt auf einer großen Prunksitzung der Buchnesia und von da an ließ ihn die Bühne nie mehr los. 1978 wurde er der jüngste Faschingspräsident der Karnevalsgesellschafft KG Buchnesia in Nürnberg und sollte es 15 Jahre lang bleiben. 1991 entdeckte ihn Winfried Hain von den „Gebrüdern Narr“ für seinen ersten Auftritt in Veitshöchheim, ein großer Erfolg. Im Laufe der Jahre sollten noch zehn weitere schöne und spannende Live-Auftritte in „Fastnacht in Franken“ folgen, mit seiner Paraderolle als Mafia-Boss „Silvester Capone“, der Bodyguard der Highsociety, sorgte er für Furore.
Seit 2006 ist Bernd Händel Sitzungspräsident und Frontmann des Quotenrenners „Fastnacht in Franken“. Als Klaus Häffner, der damalige Studioleiter des Studio Franken im BR und unser Frankenwürfelpreisträger des Jahres 2009, ihn damals fragte, ob er als neuer Sitzungspräsident durch die TV-Sendung führen wolle, soll er nach einer ersten Sprachlosigkeit, die selten bei ihm festzustellen ist, schnell und gerne zugesagt haben, „weil das genau sein Ding war“. Und dass dies genau sein Ding ist merkt man ihm während der Sitzung an, seine Begeisterung für die Sendung und sein Publikum.
Seit Oktober 2010 ist Bernd Händel auch Moderator der beliebten Sendung „Kabarett aus Franken“, und auch hier ist ihm der Erfolg treu geblieben. Auch diese Sendung hat sich dank seiner Mitwirkung in eine neue Richtung entwickelt und erzielt konstant hohe Einschaltquoten, bayern- und bundesweit. Hier zieht er manchmal kräftig vom Leder und fetzt sich mit dem Oberpfälzer „Besserwisser“ Norbert Neugirg von der „Altneihauser Feierwehrkapelln“, eine einzige Zumutung aus fränkischer Sicht. Deshalb ist es gut, dass Bernd Händel alles zur Sprache bringt und bewusst in manche Fettnäpfchen tritt, wobei er nie verletzend wird.
Auch mit seinen Kabarett- und Galaabenden und seinen Firmenveranstaltungen begeistert Bernd Händel immer wieder sein Publikum von Flensburg bis Garmisch, vor allem als Stimmenimitator: über 30 Prominente kommen aus seiner Kehle, er erweckt Schauspieler wie Hans Moser oder Heinz Rühmann wieder zum Leben, lässt Politiker wie Seehofer, Stoiber, Schröder, Kohl, Beckstein, Blüm und Co miteinander parlieren und Brandt und Strauß vom Himmel herab motzen. Wenn Bernd Händel dann seine Schultern hoch zieht und seinen Hals verschwinden lässt, dann merkt man nur noch an der Körpergröße, dass Franz Josef Strauß nicht zurückgekommen ist. Auch wenn Bernd Händel von sich selbst sagt „Ich bin kein politischer Kabarettist. Ich mache Spaß“, in solchen Momenten merkt man, auch Politik kann Spaß machen. Und es scheint ihm alles leicht von der Hand zu gehen. Auf die Frage „Wenn nicht gerade die (nächste) Sendung vorbereitet werden muss, wie sieht dann der Alltag bei Ihnen aus?“ antwortete er einmal: „Ich stehe am Montag auf und habe Urlaub.“
Neu in seinem Programmgepäck ist sein „Herbert Hisel Revival“, eine unnachahmliche Parodie, mit dem er dem Nürnberger Redekünstler („Jou werkli“) ein Denkmal setzt und ihn wieder aufleben lässt. Und seit einiger Zeit spielt er auch selbst mit der „Peterlesboum-Revival-Band“ und kehrt damit ganz zu seinen väterlichen Wurzeln zurück. Die Peterlesboum-Revival-Band hat alte Texte der legendären „Nürnberger Peterlesboum“ und eigene Arrangements neu zusammengestellt, zusammen mit dem „Herrn der Stimmen“ Bernd Händel ist für Abwechslung gesorgt! Es erwartet den Besucher eine besondere „fränkische Feinkost“!
Diese „Feinkost“ kommt beim Publikum an. Auf „You Tube“ habe ich etwa folgendes Zitat gefunden: „Von dem Typ müsste es viel mehr auf You Tube geben, er hatte schon so viele epische Auftritte in der Fränkischen Fastnacht und seine Imitationen sind einfach nur der Hammer.“ Er sagt selbst, dass er sein größtes Kompliment von einer Frau erhalten habe, die sich nach einem Abend bei ihm bedankte, weil sie in den zwei Stunden mit ihm ihre schwere Krankheit völlig vergessen konnte. Diese Begegnung habe ihn damals dankbar gemacht dem Leben gegenüber einen solch tollen Beruf ausüben zu dürfen.
Lassen Sie es mich zum Schluss mit etwas anderen Worten zusammenfassen: Bernd Händel ist ein Botschafter für Franken, für fränkischen Humor und gelegentlich auch fränkischen Hintersinn. Er verdeutlicht den Nichtfranken in bester Weise sein Anliegen, „die fränkische Seele so zu vermitteln, wie sie auch sein kann: Offenherzig, direkt, humorvoll, aufgeschlossen und keinesfalls maulfaul oder um es auf Fränkisch zu sagen: „mumbflert!“, womit wir wieder beim Ausgangspunkt der Laudatio wären. Er ist ein echter Gewürfelter, und unsere Gage für einen Gewürfelten ist kein Mühlespiel, sondern ein lebenslanges Gansrecht.
Herzlich willkommen Bernd Händel, im Kreise der Alt- und Neugewürfelten.
Dr. THOMAS BAUER
Regierungspräsident von Mittelfranken